
Überblick über der häufigsten entzündlich-rheumatischen Erkrankungen:
Rheumatoide Arthritis (Abkürzung RA):
Die rheumatoide Arthritis ist eine Autoimmunerkrankung, bei der das körpereigene Immunsystem die körpereigenen Zellen der Gelenke angreift und zerstört. Warum es zu dieser Autoimmunreaktion kommt, ist nicht genau bekannt. Ob jemand eine rheumatoide Arthritis bekommt oder nicht, hängt von verschiedenen Faktoren ab (familiäre Veranlagung, Rauchen, Umweltfaktoren, bakterielle und virale Faktoren). In Deutschland haben etwa 1 % aller Erwachsenen eine rheumatoide Arthritis. Frauen erkranken 2- bis 3-mal so häufig an Rheumatoide Arthritis wie Männer. Die RA tritt normalerweise bei Erwachsenen im Alter zwischen 35 und 55 LJ auf, eine Spätform (Altersrheumatoide Arthritis) tritt erst nach dem 55. LJ auf. Von der RA werden drei Formen unterschieden, eine seropositive RA (Autoantikörper sind im Blut positiv), eine seronegative RA (Autoantikörper sind im Blut negativ) und eine im späteren Alter auftretende Form die altersreumatoide Arthritis (hier sind die Autoantikörper auch negativ).
Die wichtigsten Beschwerden bei RA sind Gelenkschmerzen, Gelenkschwellungen und Morgensteifigkeit. Häufig betroffene Gelenke sind Fingergrundgelenke, Fingermittelgelenke, Handgelenke, Kniegelenke, Zehengrundgelenke und Schulter. Zudem kann die RA in etwa seltenen Fällen andere Organe betriffen wie Lunge und Auge.
Unbehandelt kann die erheblichen Gelenkschäden RA zu erheblichen Gelenkschäden.
Die RA stellt ein Risiko für die Herz-Kreislauf-Erkrankungen, wie Arteriosklerose dar.
Die Diagnose einer RA wird mittels körperlicher Untersuchung, Blutuntersuchungen und bildgebende Untersuchungen (Sonographie, Röntgen) festgestellt.
Die Früherkennung der RA mit Einleitung entsprechender Behandlung spielt eine große Rolle bei der Verhinderung fortgeschrittener Gelenkschäden.
Zur Behandlung der RA stehen heutzutage viele Therapiemöglichkeiten zur Verfügung wie Medikamente (DMARDS und Biologika), Physiotherapie und lokale Gelenkinjektionen.
Ziel der Rheumatherapie ist Hemmung der Entzündungsprozesse, Schmerzlinderung, Verhinderung bzw. Verlangsamung der Gelenkzerstörung und Verbesserung der Lebensqualität.
Das Erreichen einer Remission der RA mittels der aktuell vorhandenen Therapiemöglichkeiten ist bei dem großen Teil der Patienten möglich.
Psoriasisarthritis (Schuppenflechtenarthritis, Abkürzung PsA):
ist eine Autoimmunreaktion unklarer Ursache, die sich durch Gelenkschmerzen und –entzündungen sowie Morgensteifigkeit bemerkbar macht, tritt meist infolge oder im Rahmen einer Schuppenflechte auf. Sie kann aber auch bei Menschen ohne sichtbare Hautveränderungen (Schuppenflechtenarthritis ohne Hautbeteiligung) auftreten.
Die Erkrankung kann sehr belastend sein, den Schlaf stören und Familie, Arbeit und Freizeit beeinflussen. Psoriasisarthritis kann an vielen Gelenken auftreten und unterschiedlich ausgeprägt sein. Oft sind die Hände, Füße, Ellbogen, Knie, der Nacken oder die Wirbel betroffen.
Neben den Gelenken entzünden sich manchmal auch die Sehnen und Sehnenscheiden.
Bei einer Schuppenflechte mit entzündeten Gelenken kommt es zu einer Autoimmunreaktion: Das Immunsystem ist überaktiv und setzt vermehrt Botenstoffe (Zytokine) frei, die verschiedene Entzündungsreaktionen auslösen.
Es besteht ein erhöhtes Risiko, an einer Psoriasisarthritis zu erkranken, bei positiver Familienanamnese für Psoriasis oder Psoriasisarthritis.
Die Psoriasisarthritis tritt bei 90 % der Fälle als Folge einer Schuppenflechte auf – oft erst viele Jahre danach. Die Gelenkentzündungen können sich aber auch entwickeln, bevor oder ohne dass Hautveränderungen sichtbar werden (bei etwa 10 % der Patienten mit Psoriasisarthritis)
Es gibt keinen eindeutigen Zusammenhang zwischen der Stärke einer Schuppenflechte und der Stärke einer Psoriasisarthritis. So haben manche Menschen eine ausgeprägte Schuppenflechte der Haut, aber keine Probleme mit den Gelenken. Andere Menschen haben eine Psoriasisarthritis, aber keine oder kaum Hautveränderungen.
Die Psoriasisarthritis verläuft unterschiedlich (schubweise Verläufe, chronische progrediente Verläufe, Befall weniger oder mehrer Gelenke sowie Befall der Wirbelsäule).
Auch hier kann es bei unbehandelter Psoriasisarthritis, wie bei der rheumatoiden Arthritis, zu erheblichen Gelenkschäden kommen.
Die Diagnose wird mittels Anamnese (positive Familienanamnese für Psoriasis oder Psoriasisarthritis, aktuelle Psoriasis), körperlicher Untersuchung (Daktylitis: Schwellung eines ganzen Fingers oder Zehes, Enthesitis: Schmerzen sowie Druckschmerzen an den Sehnenansätzen, insbesondere Achillessehnenansatz, Schuppenflechte der Haut oder der Nägel), Blutuntersuchung (u. a. Entzündungsparameter) und bildgebender Untersuchungen (Röntgen- und Ultraschalluntersuchungen).
Die Behandlung einer Psoriasisarthritis hat verschiedene Ziele. Sie soll Beschwerden wie Schmerzen und Schwellungen lindern, die Funktion der Gelenke erhalten und langfristigen Gelenkschäden vorbeugen.
Wer an Psoriasisarthritis erkrankt, kann selbst einiges tun, um die Entzündungsreaktionen abzuschwächen, die Gelenke zu stärken und Erschöpfung vorzubeugen. Dazu gehört, sich ausreichend zu bewegen, nicht zu rauchen und bei starkem Überwicht abzunehmen.
Medikamente spielen bei Psoriasisarthritis eine wichtige Rolle. Bei einer nur leicht ausgeprägten Entzündung der Knie-, Ellbogen- oder Handgelenke genügt manchmal eine Behandlung mit Schmerzmitteln aus der Gruppe der NSAR. Dazu gehören zum Beispiel Diclofenac, Ibuprofen und Naproxen. Diese Wirkstoffe können als Tabletten eingenommen werden.
Reicht dies nicht aus oder spricht einiges für einen ungünstigen Verlauf, wird eine Behandlung mit krankheitsmodifizierenden Medikamenten empfohlen. Diese Mittel hemmen die Entzündungsprozesse in den Gelenken. Dadurch können sie nicht nur Beschwerden lindern, sondern auch Gelenkschäden vorbeugen oder sie hinauszögern. Zur Gruppe der krankheitsmodifizierenden Medikamente gehören unter anderem Methotrexat, Leflunomid und sogenannte Biologika.
Probleme mit den Gelenken, der Muskulatur oder den Sehnen können außerdem mit einer Physio- oder Ergotherapie und mit orthopädischen Hilfsmitteln wie Einlagen behandelt werden.
Ankylosierende Spondylitis oder Morbus Besterew (Abkürzung AS):
Die Spondylitis ankylosans ist eine chronisch entzündliche, seronegative Systemerkrankung aus dem rheumatischen Formenkreis. Die bevorzugte Beteiligung liegt im Bereich der kaudalen Wirbelsäule und der Iliosakralgelenke (Kreuzbein-Darmbein-Gelenke). Der Erkrankungsgipfel liegt zwischen dem 15. und 30. Lebensjahr. Eine eindeutige Ursache konnte noch nicht nachgewiesen werden. Die Erkankung ist häufig mit HLA-B27 assoziiert.
Die Erkrankung hat einen charakteristischen, schubweisen Verlauf. In der Frühphase steht die Schmerzsymptomatik im Vordergrund. Die Patienten klagen insbesondere über nächtliche Kreuzschmerzen. Während des chronischen Verlaufes steifen die Kreuzbein-Darmbein-Gelenke und die Wirbelsäule ein (Ankylose), meist unter Ausbildung einer Fehlhaltung der Wirbelsäule (Kyphose und/oder Skliose).
Neben den typischen Kreuzschmerzen leiden viele Patienten an peripheren Gelenkentzündungen und Sehnenschmerzen (Enthesiopathien) z.B. im Bereich der Achillessehne (Achillodynie).
Im Verlauf zeigen sich auch häufig extraartikuläre Symptome. Bei rund ¼ der Patienten kommt es zu einer akuten anterioren Uveitis (Regenbogenhautentzündung).
Die Diagnose lässt sich mittels Anamnese (chronische Rückenschmerzen), körperlicher Untersuchung (Beweglichkeitseinschränkung, Druckschmerzen über Kreuzbein-Darmbein-Gelenke, extraartikuläre Manifestationen), Blutuntersuchung (Entzündungsparameter, HLA-B27) und bildgebender Untersuchungen (Röntgen, CT und MRT).
Die Spondylitis ankylosans (Morbus Besterew) wird zu Beginn medikamentös mit nichtsteroidalen Antiphlogistika (NSAR) wie Diclofenac, Ibuprofen und Arcoxia behandelt. Bei Nicht-Anprechen oder unzureichendem Ansprechen auf NSAR kommen Biologika (wie TNF-Hemmer) zum Einsatz. Um die Beweglichkeit möglichst lange zu erhalten, sind physiotherapeutische Behandlungsprogramme indiziert.
Operative Eingriffe (Aufrichtungsosteotomie) sind angezeigt, wenn eine Einsteifung in hochgradiger Fehlstellung vorliegt.
Polymyalgia rheumatica:
Bei einer Polymyalgia rheumatica kommt es zu Entzündungen der Gelenkinnenhaut sowie zu starken Schmerzen und Steifheit in den Nacken-, Rücken-, Schulter- und Hüftmuskeln.
Die Ursache der Erkrankung ist unbekannt.
Nacken, Rücken, Schultern und Hüften werden steif und schmerzhaft.
Die Diagnose basiert normalerweise auf den Symptomen sowie auf den Ergebnissen von Bluttests.
Nach Einnahme des Kortikosteroids Prednison kommt es in den meisten Fällen zu einer deutlichen Besserung.
Polymyalgia rheumatica tritt verstärkt ab dem 55. Lebensjahr auf. Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Die Ursache der Polymyalgia rheumatica ist unbekannt. Polymyalgia rheumatica kann vor, nach oder gleichzeitig mit einer Riesenzellarteriitis (temporalis) auftreten. Einige Fachleute gehen davon aus, dass es sich hierbei um zwei Formen desselben krankhaften Prozesses handeln könnte. Polymyalgia rheumatica scheint häufiger vorzukommen.
Die Symptome der Polymyalgia rheumatica können plötzlich oder schleichend auftreten. In Nacken, Schultern, oberem und unterem Rücken und den Hüften kommt es zu Schmerzen und Steifheit. Die Steife ist am Morgen und nach Ruhephasen am ausgeprägtesten. Manchmal können die Beschwerden so stark sein, dass die Betroffenen das Bett nicht verlassen können oder nicht in der Lage sind, einfache Tätigkeiten auszuführen. Obwohl die Muskeln nicht geschädigt oder schwach sind, fühlen sie sich schwach. Außerdem kann es zu Fieber, Unwohlsein, Depressionen und Gewichtsverlust kommen.
Manche Patienten mit Polymyalgia rheumatica weisen außerdem Symptome einer Riesenzellarteriitis auf, die zu einer Erblindung führen können. Die Arthritis kann leicht verlaufen. Wenn sie jedoch schwer verläuft oder das Hauptsymptom ist, handelt es sich wahrscheinlich eher um eine rheumatoide Arthritis .
Diagnose der Polymyalgia rheumatica wird mittels der folgenden Maßnahmen festgestellt:
Körperliche Untersuchung
Bluttests
Reaktion auf Kortikosteroide
Normalerweise werden folgende Bluttests gemacht:
Blutsenkung (Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit – BSG), C-reaktiver Proteinspiegel oder beides: Bei Personen mit Polymyalgia rheumatica sind beide Werte normalerweise sehr hoch, was auf eine aktive Entzündung hindeutet.
Großes Blutbild : Mit dieser Untersuchung wird geprüft, ob eine Anämie vorliegt.
Thyrotropin (Thyreoidea-stimulierendes Hormon, kurz TSH): Mit dieser Untersuchung kann eine Schilddrüsenunterfunktion ausgeschlossen werden, die Schwäche und Schmerzen in den Schulter- und Hüftmuskeln verursachen kann.
Kreatinkinase: Mit dieser Untersuchung kann eine Schädigung des Muskelgewebes (Myopathie) ausgeschlossen werden, die Schwäche und Schmerzen in den Schulter- und Hüftmuskeln verursachen kann. Wenn der Kreatinkinasewert im Blut erhöht ist, liegt sehr wahrscheinlich eine Muskelschädigung vor. Da bei einer Polymyalgia rheumatica keine Muskeln geschädigt sind, ist dieser Wert normal.
Messung von Rheumafaktor oder antizyklischen citrullinierten Peptidantikörpern: Diese Antikörper sind bei 80 Prozent aller Personen mit rheumatoider Arthritis vorhanden, jedoch nicht bei Polymyalgia rheumatica. Mithilfe dieser Untersuchung kann zwischen beiden unterschieden werden.
Die Diagnose wird auch dadurch unterstützt, wie die Patienten auf Kortikosteroide ansprechen, da die meisten Patienten mit Polymyalgia rheumatica sich bei einer Behandlung mit niedrig dosierten Kortikosteroiden sehr rasch viel besser fühlen.
Behandlung der Polymyalgia rheumatica
Prednison
Geringe Dosen des Kortikosteroids Prednison führen normalerweise bei Betroffenen mit einer Polymyalgia rheumatica zu einer deutlichen Besserung. Wenn außerdem eine Riesenzellarteriitis vorliegt, wird eine höhere Dosis verordnet, um eine Erblindung zu vermeiden. Wenn die Symptome schwächer werden, wird die Medikation langsam auf die geringste wirksame Dosis reduziert (ausgeschlichen). Viele Patienten können Prednison nach etwa zwei Jahren absetzen. Doch einige müssen das Medikament über mehrere Jahre in kleinen Dosen einnehmen.
Bei älteren Menschen führen Kortikosteroide in der Regel zu Nebenwirkungen (Der Alterungsprozess im Visier: Riesenzell-Arteriitis und Polymyalgia rheumatica).
Die Riesenzellarteriitis kann zu Beginn einer Polymyalgia rheumatica oder auch erst viel später auftreten, zum Teil sogar nach einer scheinbaren Heilung. Deshalb sollten Patienten ihren Arzt unverzüglich über Kopfschmerzen, Muskelschmerzen beim Kauen, ungewöhnliche Krämpfe oder Schwäche in Armen und Beinen bei Belastung sowie Sehprobleme informieren.
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